Termin für Elly Stolperstein

Liebe Leser,

der Tag ist gekommen.  Ellys Stolperstein wird am Dienstag, den 9.2. um 10.55 Uhr verlegt.  Wenn ihr dabei sein wollt, kommt schon 30 Minuten früher, da der Künstler manchmal vor seiner Zeit arbeitet.

Ich freue mich auf den Tag, auch wenn er mich gleichzeitig mit etwas Trauer erfüllt.  Einer meiner Wege geht zu Ende.  Doch ich glaube, dass immer mal wieder kleinste, neue Informationen oder Erinnerungen an Elly meinen Weg kreuzen.  Vielleicht auch mal ein Foto, das ich leider weder im Ausland noch in Deutschland finden konnte.

Bis Dienstag,  Eure Juliane

 

Stolpersteinverlegung für Elly Frank

Liebe Leser,

diese Woche erreichte mich die wunderbare Nachricht, dass Elly Stolperstein im Februar 2016 verlegt wird.  Der Originaltermin war einmal im Herbst 2015–doch weil Gunter Demnig zu viele Termine in seinem Kalender hatte, wurden einige Stolpersteine nach hinten verschoben.   Momentan sammele ich Ideen, was ich bei der Zeremonie sagen und mitbringen möchte.  Habt Ihr Ideen oder Vorschläge?  Immer her damit.

Eure Juliane

Illustrationen von Elly

Liebe Leser,

ich habe viel recherchiert und neben Postkarten auch Bücher gefunden, die von Elly illustriert wurden.  Tatjana Ruge hatte mir im Sommer erzählt, dass eine Dame in Holland bis zum ihrem Tod Werke jeglicher Art von Elly gesammelt hat.  Ein Juwel der Sammlung sind eben diese Bücher–oder so empfinde ich es auch jeden Fall.  Nun hatte ich Kontakt zum Ehemann der vor kurzem verstorbenen Frau.  Schaut selbst, was sich Elly hat einfallen lassen.

Was ich sehr interessant finde, ist, dass das Buch in den USA gedruckt wurde.  Round and round it goes.  Ich habe das Gefühl, dass Elly allgegenwärtig ist.

Eure Juliane

Buch 1 frontBuch 1 back

 

Das Hansaviertel in den 20er Jahren oder Wie Elly lebte

Liebe Leser,

bei meinen Gesprächen mit Tatjana Ruge lernte ich unter anderem einiges über das damalige Hansaviertel, Ellis letztem Wohnort.  Das heutige bürgerliche Viertel ist mit dem damaligen nicht zu vergleichen.  Um 1920 standen hier herrschaftliche Häuser mit 5-7 Zimmer Wohnungen, in denen man großzügig wohnte.  Da Elly im Adressbuch eingetragen war, war sie nicht nur Untermieter sondern die tatsächliche Hauptmieterin, was meine Vermutung auf einen affluenten Hintergrund weiterhin bestätigt.  Außerdem scheint es auch kein Zufall zu sein, dass Sie sich genau diese Gegend als Wohnort aussuchte.  Vor einigen Wochen schrieb ich über den Maler Lovis Corinth, der ein paar Häuser neben Elly wohnte (und dessen Kunst im dritten Reich sehr kritisch betrachtet wurde).  Es wohnten eine ganze Reihe von Künstlern in der Klopstockstraße–gleich und gleich gesellt sich gern.

Ende 1941–dem Zeitraum von Ellys Deportation–wollte sich die SS repräsentativ in Berlin niederlassen und benötigte entsprechende Unterkünfte.  Man überlegte zuerst, neue zu bauen, da ein Mangel an Wohnung herrschte.  Doch dann kam man auf die Idee, die Bauten in der Klopstockstraße zu nutzen, da diese den großspurigen Vorstellungen entsprachen.  Und so mussten Menschen wie Elly weichen.  Einen guten Eindruck des Hause gibt ein Bild der Cuxhavener Straße auf Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Hansaviertel).

Die Häuser in der Klopstockstraße wurden später zerstört und/oder abgerissen, um danach die heutigen Mehrfamilienhäuser zu bauen.  Ich muss gestehen, dass ich bei meinem ersten Besuch der Klopstockstraße verwirrt war: hier soll Elly gelebt haben?  Doch nach einer Reise in die 20er Jahre verstehe ich es.  Hier lebten Hans Baluschek, Peter Franck, Carl Hamel und Else Lasker-Schüler, um nur ein paar zu nennen.  Es lohnt sich, hier tiefer einzutauchen.

Eure Juliane

Wunderschöne (!) Bilder zur Stolpersteinverlegung vor dem Bundestag

Liebe Leser,

ich möchte mit euch einen Link zu wunderschönen Fotos von Oliver Feldhaus teilen.  Er hat vor einer Woche die Stolpersteinverlegung in unglaublich schönen Bilder festgehalten.  Ein Mal bitte unten anklicken.  Eure Juliane

Verlegung von 10 Stolpersteinen vor dem Bundestag

Stolpersteine vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

Liebe Leser,

heute war ich bei der Stolpersteinverlegung vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus dabei.  Das Haus am damaligen Schiffbauerdamm 29 wurde 1941 abgerissen, um eine eine «Reichshauptstadt Germania» nach den Plänen des Architekten Albert Speer zu bauen. Plan war, gigantische Bahnhöfe (zum Teil auch unter der Erde) und mehrere imposante Verwaltungsbauten zu errichten.  Dies alles gehörte zu der Vision, eine „Welthauptstadt“ zu errichten.  Circa hundert jüdische Bewohner mussten daher von dieser Adresse weichen und fanden unter anderem bei anderen Familien in Berlin Asyl.

Presse und Politiker waren in großer Zahl vor Ort, die Sonne strahlte und ich konnte ein paar schöne Fotos machen.  Impressionen sehr ihr unten.

Eure Juliane

Setzen der Steine

Setzen der Steine

Arbeit am Mosaik

Arbeit am Mosaik

Wo die Stolpersteine zu finden sind

Wo die Stolpersteine zu finden sind.

 

Stolpersteine vor Bundestagsgebäude

Liebe Leser,

am Dienstag, den 9.6. werden um 13 Uhr zehn Stolpersteine vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, dem Informations- und Dienstleistungszentrum des Bundestags, in Berlin Mitte verlegt.  Das Haus befindet sich am Schiffbauer Damm 29.  Ich bin mir sicher, dass hier eine ziemlich große Veranstaltung stattfindet.  Mein Tipp: seid etwas früher da; der Künstler beginnt gerne überpünktlich.

Eure Juliane

Elly oder ihre Kunst

Liebe Leser,

ich melde mich wieder aus dem Rechercheland.  In den letzten Wochen habe ich viele Gespräche geführt, um mehr über Juden aus Pommern und das generelle Nachforschen von Menschen, die einen Stolperstein erhalten, zu erfahren.  Ich wollte  wissen: was haben die Menschen aus Pommern gemeinsam und wie wurde das Leben anderer Menschen (siehe z.B. die Familie Hirsch in der Linienstraße, von der ich vor einiger Zeit berichtet habe) für Interessierte dargestellt?  Als ich mit der Initiatorin der Familie Hirsch sprach, sagte sie mir, dass sie sich bei dem Sammeln der Informationen immer gefragt hat, wie viel sie über sich selbst für andere preisgeben würde, wäre sie eine der Familien, für die ein Stolperstein verlegt wird.  Faire Frage.  Ich könnte auch bei Elly familiäre Details aufdecken, die sie aber sicherlich nicht in der Öffentlichkeit sehen wollen würde.  (Leider) habe ich bis jetzt noch nichts dazu gefunden–doch ich habe mir nach diesem Gespräch versprochen, genau hinzusehen.

Das bringt mich natürlich zu der Frage, ob es Elly recht wäre, dass ich über sie recherchiere und über sie (manchmal rein) als Person schreibe.  Nach Gesprächen mit Tatjana Ruge und etwas Zeit, weiß ich, dass sie es bevorzugte, wenn ihre Kunst im Mittelpunkt steht.  Dann sind natürlich einige meiner bisherigen Artikel für sie etwas zu persönlich.  Aber die kann ich jetzt nicht mehr löschen, denn so fing schließlich alles an.  Es bringt mich jedoch auch schneller zum Thema, weswegen es keine Fotos, Zeichnungen befreundeter Künstler oder Selbstportraits von Elly gibt.  Man denke an van Gogh, Picasso, Frida Kahlo…die haben sich auch selbst portraitiert.  Es erscheint mir fast intuitiv, dass sich jeder Maler irgendwann mindestens ein Mal selbst malt; vielleicht auch nur, weil er etwas ausprobieren möchte.  Ich glaube, Elly stand nicht gerne selbst im Mittelpunkt, sondern wollte, dass ihre Kunst dies tat.  Das gibt der Interpretation ihrer Werke natürlich noch mal eine klarere Perspektive.

Obwohl ihre Werke verspielt und fast naiv gemalt sind, glaube ich, dass hinter dieser sanften Darstellung eine deutliche Aussage steht: ein kritischer Blick auf die Liebe.  Diese Idee kam mir schon fast von Anfang an, als ich die Postkarten von Elly in der Hand hielt.  Oft werden Kinder dargestellt, die klassische Gefühlskonstellationen darstellen: erwiderte oder unerwiderte Liebe, Missverständnisse,  Zuneigung etc.  Durch die natürliche Unschuld der Kinder versteht man die Gefühle um so deutlicher und unmissverständlicher.  Das gefällt mir.  Auf weiteren Bildern–die auch zu meinen Lieblingsbildern gehören–malte Elly ein junges Paar–er schwarz, sie weiß–die am Gardasee standen, sich küssten oder den Sonnenuntergang zusammen ansahen.  Sicherlich damals wie auch heute eine Konstellation, mit der nicht alle einverstanden waren.  Mir ging bei dem Bild das Herz auf, weil der Mann einen Anzug trug und als wahrer Gentlemen sanft seine Frau im Arm hält.  Ich bin haltlos romantisch–das Bild springt an.  Es ist zeitlos, genau so wie die Liebe.  Elly hat hier einiges gewagt und zeigt ihre Offenheit.  Das ist für mich eine sehr deutliche Positionierung zum Thema Liebe und Freiheit.  Außerdem finde ich es schön, dass sie den Gardasee gemalt hat (wie ich darauf komme, dass es der Gardasee ist?  Als der Photograf der BILD Zeitung bei mir im Café war, bemerkte er dieses Detail und erklärte mir, dass dies der Gardasee sei.  Grazie!).

Was ziehe ich also daraus?  Ich glaube Elly war sehr verschlossen und lebte privilegiert (mehr dazu im nächsten Artikel).  Sie ist nicht, so wie ich es zu Anfang annahm, eine Frau, die gerne direkt nach draußen wollte.  Ich glaube, dass ihr die Darstellung anderer lieber war als die der eigenen Person.  Das musste ich erst lernen zu respektieren, denn ich selbst bin das genaue Gegenteil.  Auf meinem weiteren Weg werde ich dies immer wieder respektieren, wenn ich über weitere neue Details berichte: Ellys Wohnung, Ellys Kinderbücher und Ellys Geburtsurkunde (und meine Reise nach Pommern).

Bis dahin Grüße aus der Sonne,

Eure Juliane